Der Niederzissener Gemeindehaushalt hat sich im vergangenen Jahr sehr gut entwickelt. Doch die hohen Steuereinnahmen von 2022 haben auch ihre Schattenseite. Nämlich erheblich steigende Umlageverpflichtungen in 2023. In Zahlen: Niederzissen muss in diesem Jahr 2,1 Millionen Euro an die Verbandsgemeinde abführen.
Im Vorjahr belief sich der Betrag noch auf 1,3 Millionen Euro. An den Kreis gehen voraussichtlich knapp 2,8 Millionen Euro nach 1,8 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Die Folgen sind ein Ergebnishaushalt, dem bei Einnahmen in Höhe von 5,4 Millionen Euro und Aufwendungen von 6,8 Millionen Euro 1,4 Millionen Euro zum Ausgleich fehlen. Auch im Finanzhaushalt tut sich eine Lücke von knapp 1,2 Millionen Euro auf, die allerdings durch eine Entnahme von 1 Million Euro aus den liquiden Mitteln fast ganz geschlossen werden kann.
Die Gründe für die sinkende Finanzkraft der Gemeinde nannte Ortsbürgermeister Rolf Hans: Gestiegene Energie-, Material- und Arbeitskosten, die Einstellung eines zusätzlichen Bauhofmitarbeiters sowie die zweckgebundene Umlage in Höhe von 1,5 Prozent für das Feuerwehrwesen. “Auch das neue Landesfinanzausgleichsgesetz wirkt sich auf unsere Gemeinde aus. So haben wir noch im vergangenen Jahr 180 000 Euro als Schlüsselzuwendung A erhalten, die jetzt komplett entfällt – wie übrigens für alle Grundzentren”, erklärte der Gemeindechef.
Dennoch zeigte er sich sehr optimistisch, dass die für dieses Jahr geplanten Investitionen ohne Kreditaufnahme umgesetzt werden können. Garant für die Finanzierung der Pläne seien die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen im Neubaugebiet Bausenberg III, die etwa 2,4 Millionen Euro einbringen werden. Das kostspieligste Investitionsvorhaben ist das Mehrzweckgebäude auf dem Marktplatz, das mit 1,05 Millionen Euro zu Buche schlägt. Die Förderung dafür beläuft sich auf 50 Prozent der anrechenbaren Kosten, die allerdings über drei Jahre ausgezahlt werden. In diesem Jahr werden 175 000 Euro aus der Dorferneuerung erwartet, sodass 875 000 Euro finanziert werden müssen.
Für die Weiterentwicklung des Ortskerns ist der Ankauf von zwei Grundstücken vorgesehen. Inklusive Abrisskosten sind dafür 530 000 Euro eingestellt. Gefördert wird das Projekt mit 40 Prozent, von denen in diesem Jahr voraussichtlich 100 000 Euro erwartet werden. Für eine neue Heizung und die Sanierung der Regel-, Mess- und Steuerungstechnik in der Bausenberghalle sind 420 000 Euro vorgesehen, von denen gut 190 000 Euro als Fördersumme zugesagt sind. Die Abrechnung des Straßenbaus im Baugebiet Bausenberg III verschlingt weitere 235 000 Euro.
Was sagen die Fraktionssprecher zum Zahlenwerk? Die Trennung von Notwendigem und Überflüssigem mahnte Carsten Köpper (Wählergruppe Doll) an. “Der Ankauf der Grundstücke im Ortskern macht mir Sorgen. Steht der Zugewinn an Park- und Rasenflächen im Verhältnis zu den geschätzten Kosten von 530 000 Euro nur für Ankauf und Abriss? Auch der mit der Vergrößerung der Gewerbegebiete verbundene Landschaftsverzehr mit der unwiederbringlichen Vernichtung und Versiegelung von Lebensraum sollte uns gelegentlich innehalten lassen. Wann ist´s genug für ein 2800-Einwohner-Dorf?”, fragte Köpper.
CDU-Sprecher Gerd Loth begrüßte die vorgesehenen Investitionen in die Infrastruktur, kritisierte aber auch die Anhebung der Nivellierungssätze für Grund- und Gewerbesteuer in Rheinland-Pfalz. “Alleine bei der Grundsteuer B führt das zu einer Mehrbelastung der Niederzissener Bürger von fast 100 000 Euro. Auch die wegfallende Schlüsselzuweisung fehle in der Gemeindekasse. Loth fragte: “Sieht so die vom Verfassungsgerichtshof geforderte bessere finanzielle Ausstattung der Gemeinden aus?”
“Unsere Ausgangssituation ist immer noch hervorragend”, sagte Christoph Schmitt (SPD). Seine Fraktion werde sich bei der Abstimmung über den Haushalt jedoch enthalten. “Damit wollen wir unterstreichen, dass wir mit den Kosten für das Mehrzweckgebäude nicht einverstanden sind, was wir ja auch schon bei der Entscheidung über das Bauvorhaben ausgedrückt haben. Alle anderen Investitionen unterstützen wir jedoch voll und ganz.”
Auch VG-Bürgermeister Johannes Bell sprach die wegen der hohen Einnahmen aus dem Vorjahr gestiegenen Umlagezahlungen an. “Dies ist keine einfache Situation. Aber ich ermuntere die Gemeinde dennoch, mutig voranzugehen, zumal die Steuereinnahmen von unserer Finanzabteilung wie immer zurückhaltend kalkuliert wurden. Es gibt also durchaus Potenzial für höhere Einnahmen.”
Bild: Die Erschließungsstraßen im Neubaugebiet Bausenberg III sind fertiggestellt. Der Verkauf der Bauparzellen soll in diesem Jahr rund 2,4 Millionen in die Gemeindekasse spülen,
Fotos: ©Hans-Willi Kempenich
Text: ©Hans-Willi Kempenich