Fast zwei Jahrzehnte lang haben die Zesse Jecke in der alten Schulsporthalle an der Realschule in Niederzissen ihre Karnevalswagen gebaut und auch gelagert. Doch das wird bald nicht mehr möglich sein, weil das rund 50 Jahre alte Gebäude abgerissen wird. Auf der freiwerdenden Fläche soll anschließend ein dringend benötigter Schulanbau entstehen.
Seit dem Bekanntwerden der Pläne sucht die Karnevalsgesellschaft (KG) nach einer Lösung für ihr Raumproblem und hat sich jetzt mit einem Antrag an die Gemeinde gewandt. Kein Thema ist dabei die Standortsuche. Denn dazu gibt es bereits eine Absprache zwischen Gemeinde und Verein. Danach wird der KG für das Vorhaben ein gemeindeeigenes Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft des Bauhofes kostenlos zur Verfügung gestellt. “Zudem haben wir zugesagt, die Fläche in planiertem Zustand zu übergeben und 30 000 Euro zu den Baukosten beizusteuern”, sagte Ortsbürgermeister Rolf Hans in der jüngsten Ratssitzung.
Bleibt also die Finanzierung der weiteren Baukosten. Dazu heißt es im Antragsschreiben der Zesse Jecke: “Die Anschaffungskosten für eine dem Zweck dienenden Lagerhalle in der Größe von 12 mal 24,5 Metern belaufen sich auf rund 86 000 Euro. Wir stellen hiermit den Antrag an die Gemeinde, das Projekt mit 110 000 Euro zu flankieren.” Und weiter: “Wir beabsichtigen im Falle einer Zusage eine umfangreiche Aquirierung von Sponsorengeldern und Spenden. Darüber hinaus kalkulieren wir fest mit Förderungen aus öffentlichen Fördertöpfen sowie mit Überschüssen aus unseren Karnevalsveranstaltungen. Alle uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, die wir im Vorfeld nicht konkret beziffern können, möchten wir in das Projekt einfließen lassen, um so den Anteil der Ortsgemeinde entsprechend zu reduzieren.”
Beigeordneter Nico Degen (CDU) hob die ausgezeichnete Jugendarbeit der KG hervor, stellte sich aber auch ausdrücklich hinter das Angebot der Gemeinde. Einschließlich des von der KG beantragten Finanzierungsanteils von 110 000 Euro ergäbe sich nach seiner Berechnung eine Gemeindebeteiligung in Höhe von insgesamt rund 200 000 Euro. “Es stellt sich die Frage, ob eine Finanzierung in dieser Höhe für ein solches Projekt angemessen ist”, so der CDU-Sprecher.
Ähnlich argumentierte Carsten Köpper von der Wählergruppe Doll: “Im Vergleich zu bisherigen Maßnahmen zur Vereinsförderung in Niederzissen ist die hier beantragte Summe – 110 000 Euro plus Grundstück und vorbereitende Arbeiten – eine Dimension, die alle Maßstäbe in einer Gemeinde mit 2800 Einwohnern sprengt.” Der Vorschlag der Ortsgemeide sei bereits ein Zugeständnis, da ja nicht der Verein, seine Jugendarbeit und die Brauchtumspflege, sondern nur die alle zwei Jahre stattfindende Durchführung eines zweistündigen Umzuges mit Prunkwagen zur Diskussion stehe.
Die Gemeinde könne sich darauf verlassen, dass der Verein alle Möglichkeiten ausschöpfe, um die Kosten zu senken, versicherte Christoph Schmitt (SPD). Sein Kompromissvorschlag: Die Gemeinde übernimmt 75 Prozent, aber maximal 80 000 Euro der Herstellungskosten. Eine knappe Ratsmehrheit lehnte dies ab. Einstimmig bei zwei Enthaltungen fiel hingegen das Votum für das ursprüngliche Angebot der Gemeinde aus: Danach wird der KG also ein kostenloses, eingeebnetes Grundstück plus 30 000 Euro an Baukostenzuschuss angeboten.
Was sagen die Zesse Jecke zu dieser Entscheidung? “Meines Erachtens hat der Gemeinderat das Projekt mit dieser Beschlussfassung gestoppt”, meinte Vorsitzender Mike Roth. „Der Beginn der Maßnahme wird für die KG damit nicht möglich sein.“ Grundsätzlich sei der Verein von einem „guten“ Rosenmontag finanziell abhängig, weil die Veranstaltung trotz hoher Investitionen so viele Einnahmen bringe, dass die komplette Vereinsarbeit, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, damit zwei Jahre lang finanziert werden könne.
Weitere Beschlüsse
Einstimmig vergab der Rat den Auftrag für die Erneuerung von vier Schaltkästen der Straßenbeleuchtung. Die Kosten belaufen sich auf 27 000 Euro. Auf dem Mehrgenerationenplatz wird ein Karussell für beeinträchtigte Kinder installiert, das mit 17 700 Euro zu Buche schlägt. Auch die Jahresrechnung 2021 wurde einstimmig angenommen, nachdem Stefan Schiele den Prüfbericht verlesen hatte. Die Ergebnisrechnung schließt mit einem Überschuss von 1,3 Millionen Euro, die laufende Finanzrechnung mit einem Plus von knapp 1,5 Millionen Euro.
Fotos: ©Hans-Willi Kempenich
Text: ©Hans-Willi Kempenich