Eine Jahresrechnung mit einem Fehlbetrag von 1,3 Millionen Euro im Ergebnishaushalt und einem weiteren Minus von 158 000 Euro in der Finanzrechnung: Solche Zahlen schienen in Niederzissen in Zeiten üppig sprudelnder Steuerquellen in den vergangenen Jahren eigentlich undenkbar.
Doch dann kamen Corona und die davon verursachten Auswirkungen, die im Haushalt von 2020 voll durchschlagen. Dass die Gemeinde dennoch schuldenfrei bleibt, spricht für ihr umsichtiges Wirtschaften in der Vor-Corona-Vergangenheit.
Der Gemeinderat hatte jetzt über den Jahresabschluss von 2020 zu befinden. Ratsmitglied Dagmar Schmitz verlas den Bericht von Rechnungsprüfer Stefan Schiele, in dem dieser die damaligen Geldflüsse detailliert darlegte. „Im Haushaltsansatz waren Erträge in Höhe von 5,4 Millionen Euro angesetzt. Tatsächlich aber hatten wir nur Einnahmen in Höhe von 3,9 Millionen Euro“, so Schiele. Bei den geplanten Aufwendungen wurde ohnehin schon mit einer Unterdeckung von 21 000 Euro gerechnet, die nach den Erfahrungen und der gängigen Praxis aus den Vorjahren durch Mehreinnahmen, Kosteneinsparungen oder einer Entnahme aus den liquiden Mitteln abgedeckt werden sollte.
Der Gemeinderat habe sich auch nach Erhalt der Steuerschätzung in 2020 bewusst dafür entschieden, die geplanten Investitionen nicht zu stark zu reduzieren – obwohl schon damals die sinkenden Steuereinnahmen offensichtlich waren. „Denn gerade der öffentlichen Hand fällt in einer Krisensituation auch eine gewisse Vorbildfunktion zu. Dadurch werden positive Signale an den Markt gesendet“, begründete Stefan Schiele das weitgehende Festhalten an den geplanten Investitionen. Reduziert wurden die Ausgaben letztendlich nur um 190 000 Euro. Dass die Gemeinde dennoch mit einem blauen Auge durch das erste Pandemie-Jahr kam, hat sie natürlich auch den Kompensationszahlungen von Bund und Land zu verdanken, die sich auf 505 000 Euro beliefen.
Auch Ortsbürgermeister Rolf Hans findet, dass es für Niederzissen schlimmer hätte kommen können. „Wir konnten in den vergangenen Jahren liquide Mittel aufbauen und damit die fehlenden Steuereinnahmen aus 2020 und 2021 überbrücken. Diese Rücklage wird am Jahresende allerdings aufgebraucht sein“, kündigte er an. Allerdings winkt auch schon wieder eine neue Finanzquelle: „Wir werden hoffentlich im ersten Quartal des Jahres 2022 die Grundstücke vom Baugebiet Bausenberg III vermarkten, so dass wir größere Einnahmen erwarten können.“
Zur Erklärung: Die Gemeinde hat in der jüngeren Vergangenheit von den Voreigentümern die Ackerflächen für das Neubaugebiet aufgekauft und musste dabei in finanzielle Vorleistung treten. Auch der Ankauf von Ausgleichsflächen und die notwendigen Gutachten haben hohe Kosten verursacht. Mit dem Verkauf der Bauparzellen fließt dieses Geld natürlich wieder zurück in die Gemeindekasse. Wobei die Vermarktungsvoraussetzungen hervorragend sind: Denn die Bewerberliste für die voraussichtlich rund 40 Bauparzellen ist inzwischen auf 354 Interessenten angewachsen. Und jede Woche gehen nach Aussage des Ortsbürgermeisters weitere zwei bis drei Bewerbungen bei der Gemeindeverwaltung ein.
„Aktuell steigen aber auch die Gewerbesteuereinnahmen wieder, so dass ich unsere finanziellen Aussichten positiv sehe und den schlechten Abschluss 2020 gelassen hinnehme. Die Pandemie hat halt ihre Spuren hinterlassen, aber die Gemeinde steht nach wie vor sehr gut da“, ist der Gemeindechef optimistisch für die Zukunft.
Das sahen auch die Mandatsträger so, die unter dem Vorsitz von Ratsmitglied Christoph Schmitt den Jahresabschluss ohne weitere Diskussionen einstimmig beschlossen. In seinem Prüfbericht fand Stefan Schiele lobende Worte für die Finanzabteilung der VG-Verwaltung: „Sämtliche Buchungen waren durch entsprechende Belege sauber und einwandfrei dokumentiert. Wir bedanken uns bei Karl-Heinz Arzdorf und seinen Kollegen für die sehr gute Arbeit.“
Fotos: ©Hans-Willi Kempenich
Text: ©Hans-Willi Kempenich