Verbaut sich die Gemeinde Niederzissen mit einem Fotovoltaikfeld an der A 61 die Chance auf eine Umgehungsstraße? Auf diese Frage suchte der Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung eine Antwort.
Und weil eine satte Ratsmehrheit die Frage für sich mit Ja beantwortet, sagte sie Nein zu den Plänen der Firma Sybac Solar, die nördlich des Industriegebietes Brohltal-Ost/A 61 und parallel zur Autobahn ein rund 118 000 Quadratmeter großes Solarfeld anlegen möchte.
Die Faktenlage: Den Wunsch nach einer Umgehungsstraße hegen die Niederzissener schon seit einigen Jahrzehnten. Chaotische Verkehrssituationen auf den Ortsstraßen bei Staus auf der A 61 waren damals Auslöser für die Überlegungen mit einer Ortsumgehung, die von Brohltal-Ost zur Anschlussstelle der B 412 zwischen Niederzissen und Burgbrohl-Weiler führen könnte. Durch die bekannte Verkehrsproblematik in der Oberdorfstraße wurde das Thema jetzt neu befeuert. Und es kollidiert möglicherweise mit den Solarplänen.
Schon bei seiner Sitzung im November 2015 befasste sich der Rat erstmals mit dem Sybac-Vorhaben. Damals wurde die Entscheidung über die Aufstellung eines Bebauungsplanes vertagt, weil man zuvor vom Landesbetrieb Mobilität (LBM) eine Aussage zum geforderten Abstand einer Umgehungsstraße zur Autobahn haben wollte. Inzwischen hat sich der LBM geäußert, aber keine konkreten Angaben gemacht. Vielmehr heißt es, „dass dieser Abstand in der Planungsphase der Umgehungsstraße individuell beurteilt und dementsprechend festgelegt wird.“
Für CDU-Fraktionssprecher Stefan Schiele ist das zu vage: „Eine mögliche Umgehungsstraße liegt genau in diesem Bereich. Solange der LBM keine klare Aussage macht, sollten wir die Angelegenheit vertagen“, schlug er vor. „Auch wir können nicht zustimmen, weil wir uns die Möglichkeit einer Umgehungsstraße offenhalten wollen“, sagte Christoph Schmitt für die SPD. Er regte an, bei der Verwaltung aktuelle Informationen zum Sachstand bei den Umgehungsplänen einzuholen. Ralf Doll von der gleichnamigen Wählergruppe ist nicht davon überzeugt, dass eine Ortsumgehung die Verkehrsprobleme lösen kann. Ihr Nutzen sei fraglich, was auch die Untersuchung der Firma Vertec gezeigt habe. „Deswegen sind wir grundsätzlich für die Solaranlage.“ Letztlich wurden die Fotovoltaikpläne mit 14 gegen drei Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.
Endgültig den Weg frei machten die Mandatsträger für den Ausbau der Waldorfer Straße, der noch für dieses Jahr vorgesehen ist. Der Gemeindeanteil wurde auf 75 Prozent festgesetzt, weil die Straße überwiegend dem Durchgangsverkehr dient. Dieser Beitragssatz gilt nicht für die Kosten der Straßenbeleuchtung, von denen die Gemeinde auf Anregung von Stefan Schiele lediglich 40 Prozent übernimmt. Nach Baubeginn und Eingang der ersten Rechnungen werden von den Anliegern Vorausleistungen in Höhe von 100 Prozent des voraussichtlich beitragsfähigen Aufwands erhoben.
Das Thema Verkehr werde den Rat in den nächsten beiden Jahren schwerpunktmäßig beschäftigen, sagte Ortsbürgermeister Rolf Hans. Aus diesem Grunde wurde ein von der CDU eingebrachter Maßnahmenkatalog zur Verkehrsberuhigung zunächst zurückgestellt. „Wir haben wegen der vielen laufenden Projekte derzeit keine zeitlichen und finanziellen Spielräume“, so der Gemeindechef. Zumal die Steuereinnahmen aktuell den Erwartungen hinterherhinken. Mit Einnahmen von 755 000 Euro zum 28. April fehlen 404 000 Euro gegenüber dem Haushaltsansatz. „Wollen wir hoffen, dass der Fehlbetrag bis zum Jahresende noch verringert werden kann. Grundsätzlich stehen wir ja ganz gut da, aber dieses erste Warnzeichen sollten wir ernst nehmen und uns jede Ausgabe genau überlegen“, sagte Hans. Viel Lob gab´s vom Ortsbürgermeister für die örtlichen Jagdgenossen, die Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser auf Wirtschaftswegen großzügig unterstützt haben.
Foto: ©Hans-Willi Kempenich
Text: ©Hans-Willi Kempenich