Gleich zwei Neubaugebiete weist die Ortsgemeinde Niederzissen nahezu parallel aus (die RZ berichtete). Während im Bereich „Bausenberg III“ noch in diesem Jahr der Straßenbau beginnen soll, läuft´s auf der gegenüberliegenden Ortsseite „Oben im Joch“ nicht so reibungslos.
Das liegt zum einen an Naturschutzauflagen, zum anderen aber auch an Bedenken, die von Bewohnern des benachbarten Baugebietes „Im Joch“ vorgebracht und vom Gemeinderat in einer Online-Sitzung behandelt wurden. Die fand übrigens wegen der aktuellen Pandemie-Bestimmungen ein frühzeitiges Ende.
In erster Linie stoßen sich die künftigen Nachbarn an den Plänen, „Oben im Joch“ einige Mehrfamilienhäuser mit jeweils bis zu sechs Wohneinheiten zuzulassen, die im unteren Bereich des Plangebietes entstehen sollen. Die Anwohner fürchten das damit verbundene höhere Verkehrsaufkommen und einen Wertverlust ihrer Immobilien. „Wie ist es zu rechtfertigen, dass im anderen Gebiet Bausenberg III keine Mehrparteienhäuser gebaut werden?“, fragen sie in ihrem Schreiben an den Gemeinderat.
Vor Eintritt in die Diskussion bezog Ortsbürgermeister Rolf Hans Stellung: „Grundsätzlich muss an erster Stelle das Gemeinwohl stehen. Denn die Nachfrage nach Baugrundstücken in unserer Gemeinde ist sehr hoch.“ Darauf habe man mit der Ausweisung der beiden Neubaugebiete reagiert. Dass dieser Schritt richtig war, zeige die Nachfrage. Konkret gebe es zurzeit 220 Interessenten für die insgesamt rund 80 Parzellen in beiden Gebieten. „Und in jeder Woche gehen im Schnitt zwei bis drei Neubewerbungen ein“, sagte Hans.
Nicht teilen kann er die Bedenken der Joch-Bewohner hinsichtlich eines drohenden Wertverlustes ihrer Immobilien. „Wir sind eine florierende Gemeinde mit Gewerbegebieten, die viele Arbeitsplätze bieten. Wir verfügen über eine gute Infrastruktur mit Einrichtungen wie Verwaltung, Banken, Post, Schule und Kindergarten, wir haben Einkaufsmöglichkeiten und eine gute ärztliche Versorgung.“ Die Folge sei, dass die Gemeinde wachse, ihre Wirtschaftskraft und damit ihre Bedeutung steige. Dies werde eher zu höheren Immobilienpreisen führen.
Die Entscheidung, im zweiten Baugebiet am Bausenberg keine Mehrfamilienhäuser zuzulassen, habe der Rat seinerzeit einstimmig getroffen, sagte der Gemeindechef. Die Gründe: die starke Hanglage und damit ein Standort, der aus vielen Bereichen des Ortes gut einzusehen ist. Zudem grenzt das Naturschutzgebiet Bausenberg direkt ans Neubauareal an.
Nochmals beraten werden sollten nach Einschätzung des Ortsbürgermeisters aber zwei vom Bauausschuss bereits getroffene Beschlüsse: Das Gremium hatte sich für eine zweite Anbindung des Neubaugebietes über den Espelsweg ausgesprochen. „Das macht durchaus Sinn, ist aber nur mit einem umfangreichen Eingriff in eine Grünfläche möglich. Daraus ergibt sich wiederum ein weiterer Bedarf an Ausgleichsflächen.“ Auch die Standorte und Größen der Mehrfamilienhäuser sollten noch einmal überdacht werden. Hans sprach sich auch für eine gesonderte Vermarktung der betreffenden Grundstücke aus, damit die Erstellung von Mehrfamilienhäusern auch tatsächlich gewährleistet sei. „Denn die Nachfrage nach Wohnungen ist ebenfalls vorhanden, da sich junge Leute längst nicht immer sofort Eigentum anschaffen können.“
Beigeordneter Nico Degen hatte nach der Vorberatung im Bauausschuss eine alternative Planung mit einer geänderten Verteilung der Mehrfamilienhäuser erstellt, die jetzt auch umgesetzt werden soll. Dafür gab´s für den jungen Verwaltungsfachmann viel Lob von Planerin Annette Weber, die im Anschluss die Textlichen Festsetzungen erläuterte.
Punkt 21 Uhr kam dann das abrupte Ende der digitalen Zusammenkunft, als mehrere Ratsmitglieder und Sitzungsbeteiligte, die nicht am heimischen PC, sondern noch in ihren auswärtigen Büros oder im Wappensaal saßen, Bedenken wegen der zu diesem Zeitpunkt beginnenden Ausgangssperre äußerten. Ortsbürgermeister Hans brach daraufhin die Sitzung noch vor dem nichtöffentlichen Teil ab. Um zeitliche Verzögerungen für Bauherren zu vermeiden, sagte er zu, die Beratungen über vorliegende Bauanträge in den nächsten Tagen im Umlaufverfahren abzuarbeiten.
Foto: ©Hans-Willi Kempenich
Text: ©Hans-Willi Kempenich