Ortsbürgermeister Keuler: Es gab Sonnenschein und rabenschwarze Tage
Autofahrer sind im Oberdorf nun angeblich schneller unterwegs – Versuch wird fortgeführt. Erst seit wenigen Wochen läuft in der Niederzissener Oberdorfstraße ein Feldversuch mit einer Ampelanlage.
Eine achtmonatige Planungsphase ging dem Test voraus, der auf rund sechs Monate angesetzt ist und den Fußgängern in der engen Dorfstraße mehr Sicherheit bringen soll. Doch jetzt tauchte das Thema vor einer großen Zuhörerkulisse nach einem Antrag der SPD-Fraktion erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderats auf. Denn mit den Ampeln sind längst nicht alle einverstanden.
Christoph Schmitt begründete die Initiative seiner SPD-Fraktion: „Wir stehen immer noch hinter dem Test. Aber wir halten es für falsch, ihn jetzt sechs Monate ohne kritische Begleitung laufen zu lassen.“ Denn in Grünphasen werde jetzt teilweise noch schneller gefahren als vorher. Kritische Töne kommen auch von den Anwohnern aus der unmittelbaren Nähe der Ampelstandorte, die in einer Sitzungsunterbrechung zu Wort kamen. Sie klagen in erster Linie über eine hohe Lärmbelästigung. Bezüglich der Geschwindigkeit, mit der die Autofahrer seit Beginn des Testes im Oberdorf unterwegs sind, haben die Anwohner erstaunlicherweise aber unterschiedliche Beobachtungen gemacht. Sie reichen von „Es ist ruhiger geworden“ bis zu „Es wird noch schneller gefahren“.
In einem Punkt war man sich jedoch weitgehend einig: Seit es keinen Gegenverkehr mehr gibt, werden auch die Bürgersteige nicht mehr überfahren. Gerade dieser Punkt war es aber, der die ganze Sache erst ins Rollen brachte. Denn seit vor wenigen Jahren die Oberdorfstraße mit beidseitig überfahrbaren Bürgersteigen ausgebaut worden wurde, fühlen sich Anwohner gefährdet, weil Autofahrer im Begegnungsverkehr beidseitig die Fußgängerwege benutzen – und das mit zu hoher Geschwindigkeit.
Von Autos, die vor den Ampeln warten, fühlen sich Anwohner in der Niederzissener Oberdorfstraße belästigt. Die Bürgersteige werden jetzt allerdings nicht mehr überfahren.
Doch trotz der Bürgerproteste bestand im Rat Einigkeit darüber, dass es keinen Sinn macht, den Test schon jetzt abzubrechen. Vielmehr wurde beschlossen, die Firma Vertec gleich nach Beendigung der Baumaßnahme in der Brohltalstraße mit einer Auswertung zu beauftragen. Die Fertigstellung des Brohltalstraßenausbaus will man abwarten, weil wegen des Ausweichverkehrs sonst möglicherweise im Oberdorf falsche Zahlen erhoben werden. Zudem soll die Polizeiinspektion Remagen regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen in der Oberdorfstraße durchführen. Und der neue Gemeinderat wird das Thema gleich bei seiner konstituierenden Sitzung erneut aufgreifen.
In einem weiteren Beratungspunkt stimmten die Mandatsträger der von Christiane Hicking vorgestellten Planung für die Gestaltung des Mehrgenerationenplatzes im Ortszentrum zu. Die Verwaltung wurde beauftragt, Anträge für Förderungen aus dem Dorferneuerungsprogramm für die Parkfläche und aus dem Förderprogramm „Aktion Blau“ für einen Zehn-Meter-Bereich am Wirrbach zu stellen. Auch der Entwurf zur ersten Vereinfachten Änderung des Bebauungsplanes „Sondergebiet Sportanlagen und Bauhof“ passierte ohne weitere Diskussionen den Rat. Zustimmung gab es ebenso für die vom Bau- und Umweltausschuss der Verbandsgemeinde (VG) Brohltal beschlossene Fassung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes der VG.
Eine besonders gute Nachricht verkündete Ortsbürgermeister Richard Keuler am Ende der Sitzung: Zum 24. April waren schon Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 1,1 Millionen Euro in die Gemeindekasse geflossen. Damit wurde die Jahreskalkulation von 1 Million Euro schon jetzt überschritten.
Niederzissens Ortsbürgermeister Richard Keuler nutzte die letzte Sitzung seiner Amtszeit zu einem Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre. „Es gab Sonnenschein, aber auch dunkle Wolken und rabenschwarze Tage“, sagte er. Aber man habe die Zeit als Schwerpunktgemeinde der Dorferneuerung genutzt. Als Beispiele nannte er die neue Dorfmitte und das „Schmuckstück ehemalige Synagoge“. Ein weiterer Höhepunkt werde der Mehrgenerationenplatz. Geschaffen wurde auch eine Krippengruppe mit zehn Plätzen für Einjährige. Wichtig für Niederzissen seien die neue DRK-Rettungswache und die Sozialstation. Bald seien alle Innerortsstraßen in einem guten Zustand, denn auch die K 49 (Arweg und Kapellenstraße bis Brohltalstraße) befinde sich in der Ausschreibung. Schon in Arbeit ist die Zufahrt zum Gewerbegebiet Scheid, in Planung ein neuer Bauhof. Niederzissen biete viele Standortvorteile, was auch an den Arbeitsplätzen zu erkennen sei. So gebe es 1000 Einpendler, aber nur 700 Auspendler. „Mit einer praktisch schuldenfreien Gemeinde ist das Feld gut bestellt“, schloss Keuler seinen Rückblick.
Rhein Zeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler vom Freitag, 16. Mai 2014, Seite 29
Foto: Hans-Willi Kempenich